Desk Sharing Apps im rechtlichen und gesundheitlichen Kontext: Was HR-Verantwortliche wissen müssen
- OfficeEfficient Team
- 17. Apr.
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Die moderne Arbeitswelt ist geprägt von Flexibilität, Digitalisierung und einem wachsenden Bedarf an effizienter Flächennutzung. Das Konzept des Desk Sharing – also die flexible Nutzung von Arbeitsplätzen ohne feste Zuweisung – findet zunehmend Verbreitung. Unterstützt durch digitale Tools wie desk sharing apps oder desk sharing software, verspricht diese Form der Arbeitsplatzorganisation Kosteneinsparungen und eine bessere Flächenauslastung. Doch gerade für HR-Verantwortliche stellt sich die Frage: Welche Rechte haben Mitarbeitende im Desk-Sharing-Modell, und welche Verpflichtungen ergeben sich für Arbeitgeber?
Rechtlicher Rahmen: Schutzpflichten gegenüber Mitarbeitenden
Im Mittelpunkt des juristischen Diskurses steht die Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin gem. Art. 328 OR sowie die Vorschriften des Arbeitsgesetzes (ArG) und der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3). Diese Regelwerke verpflichten Unternehmen dazu, die psychische und physische Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen – auch in offenen Bürostrukturen und bei der Nutzung von desk sharing software [1].
Das bedeutet konkret: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet, gut belüftet, angemessen beleuchtet und möglichst lärmfrei sind. Besonders im Kontext von desk sharing kann dies herausfordernd sein, da wechselnde Sitznachbarn, fehlende Individualisierung und eingeschränkte Rückzugsmöglichkeiten Stress verursachen können [1, S. 192–195].
Gesundheit und Produktivität: Risiken des Desk Sharing
Studien belegen, dass Mitarbeitende in Grossraumbüros deutlich häufiger krankheitsbedingt ausfallen als jene mit festen Einzelbüros [1, S. 196; 3]. Lärmbelastung, soziale Kontrolle und fehlende Privatsphäre gehören zu den häufigsten Belastungsfaktoren. Für sensible Mitarbeitende, etwa mit chronischen Erkrankungen, kann das Desk Sharing zu gesundheitlichen Problemen führen. Hier sind HR-Verantwortliche gefragt: Eine pauschale Einführung von desk sharing software ohne individuelle Ausnahmen ist weder nachhaltig noch rechtlich risikofrei.
Vielmehr empfiehlt es sich, im Rahmen des Gesundheitsschutzes (Art. 6 ArG) gezielt Ausnahmen für vulnerable Personen zu schaffen – etwa durch die bevorzugte Zuweisung ruhigerer Arbeitsplätze in der desk sharing app, durch mobile Rückzugszonen oder durch Homeoffice-Optionen [1, S. 197].

Partizipation der Mitarbeitenden: Mitspracherechte beachten bei Desk Sharing App
Gemäß Mitwirkungsgesetz (MitwG) haben Arbeitnehmende bei grundlegenden Veränderungen der Arbeitsumgebung – wie der Einführung von Grossraumbüros oder Desk Sharing – ein Informations- und Konsultationsrecht [1, S. 193f.]. Für HR bedeutet das: Frühzeitige Kommunikation, Einbindung der Teams in die Gestaltung des Modells und Berücksichtigung individueller Bedürfnisse sind unerlässlich.
Die technische Umsetzung über eine desk sharing app kann helfen, transparente Buchungsprozesse zu etablieren und so Fairness zu fördern. Gleichzeitig sollte diese desk sharing software Funktionen bieten, die ergonomische und gesundheitliche Kriterien berücksichtigen – etwa die Auswahl höhenverstellbarer Tische oder die Angabe von Lärmpegeln an Arbeitsplätzen.
Empfehlungen für HR in der Praxis
Gefährdungsbeurteilung vor Einführung: Prüfen Sie gemeinsam mit Arbeitshygienikern oder Sicherheitsfachkräften, ob bauliche, organisatorische und technische Voraussetzungen für Desk Sharing erfüllt sind.
Klare Nutzungsregeln für die Desk Sharing App: Entwickeln Sie gemeinsam mit Mitarbeitenden einen "Büro-Knigge", z. B. zum Verhalten bei Telefonaten, Lautstärke oder Nutzung von Duftstoffen.
Personalisierung ermöglichen: Auch wenn Arbeitsplätze geteilt werden, sollten über die desk sharing softwareindividuelle Einstellungen (z. B. Bildschirmhöhe, Stuhlkonfiguration, Arbeitsplatzpräferenzen) dokumentiert und wiederverwendbar gemacht werden.
Rückzugsmöglichkeiten schaffen: Sorgen Sie für Ruhezonen, schallgedämpfte Räume oder akustisch abgeschirmte „Telefonzellen“, um konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen.
Sensible Gruppen schützen: Bieten Sie Mitarbeitenden mit besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen Alternativen an – etwa einen festen Arbeitsplatz oder bevorzugten Zugang zu ruhigen Zonen.
Fazit
Die Einführung von Desk Sharing ist mehr als eine organisatorische Maßnahme – sie berührt zentrale Rechte der Mitarbeitenden. Desk sharing software kann dabei ein hilfreiches Instrument sein, muss jedoch in ein ganzheitliches Konzept eingebettet sein, das auf Prävention, Partizipation und persönliche Rücksichtnahme setzt. Für HR-Verantwortliche bedeutet dies eine aktive Rolle bei der Konzeption, Kommunikation und Überwachung solcher Modelle.
Nur wer die rechtlichen und gesundheitlichen Aspekte im Blick behält, wird langfristig von einem funktionierenden Desk-Sharing-Modell profitieren – und Mitarbeitende gewinnen, statt sie zu verlieren.
Literaturverzeichnis
[1] Wildhaber, I. & Debrunner-Epprecht, S. (2023). Haben Arbeitnehmende in Grossraumbüros und bei Desk Sharing spezielle individuelle Rechte? In: sui generis #unbequem 2023, S. 189–199. https://doi.org/10.21257/sg.242
[2] Bernstein, E., & Waber, B. (2019). The truth about open offices. Harvard Business Review.
[3] Pejtersen, J.H., Feveile, H., Christensen, K.B., & Burr, H. (2011). Sickness absence associated with shared and open-plan offices – a national cross-sectional questionnaire survey. Scandinavian Journal of Work, Environment & Health, 37(5), 376–382. https://doi.org/10.5271/sjweh.3167
[4] Steiger-Sackmann, S. (2013). Schutz vor psychischen Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz. Zürich: Schulthess Verlag.
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